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Langjähriger Projektleiter Albrecht Flor in den Ruhestand verabschiedet

Albrecht Flor war mehr als 20 Jahre als Projektleiter für die Hanns-Seidel-Stiftung in China tätig. Ein Festakt würdigte nun nochmals sein Engagement, insbesondere in Bezug auf den Bildungstransfer nach Westchina.

Albrecht und Yumei Flor mit Ren Quanchun, Abteilungsleiter in der Bildungskommission Lanzhou

Am Samstag, den 19. September 2015, wurde im Projekt für Berufsbildung und Entwicklung Westchina der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in Jiuquan, Provinz Gansu, im Rahmen einer festlichen Veranstaltung der Projektleiter Albrecht Flor in den wohl verdienten Ruhestand verabschiedet.

Zu diesem Anlass waren viele Ehrengäste und Wegbegleiter aus der Provinz Gansu angereist. Die Bildungskommission Lanzhou, vertreten durch den Leiter Herrn Ren Quanchun, wie auch Herr Liu Zhongying von der Bildungskommission Jinta waren bei dieser Veranstaltung anwesend. Außerdem waren Schulleitungen mit ihren Delegationen aus den HSS-Stützpunkten Gaotai, Jinta und Xifeng angereist. Die Schulleitung Jiuquan, die die Veranstaltung ausrichtete, war mit einer großen Anzahl Lehrer und Ausbilder vertreten.

Zusätzlich zu seinen bisherigen Auszeichnungen, dem Freundschaftspreis der chinesischen Zentralregierung, dem Freundschaftspreis der Provinz Shandong, dem Freundschaftspreis der Provinz Gansu und der Ehrenprofessur der Technischen Universität Wuhan, wurde Herrn Flor durch Herrn Chen Wenxian die Ehrenprofessur des Berufsbildungscollege Jiuquan verliehen.

In vielen Reden und Grußworten wurde das Schaffen von Albrecht Flor gewürdigt. Sein Werk jedoch nur durch Zitate aus den zu seinen Ehren gehaltenen Reden zu würdigen, wäre für 23 Jahre berufliche Bildung und Entwicklung etwas zu oberflächlich. 

Die Teilnehmer der Veranstaltung am Berufsbildungscollege Jiuquan

Von der Kfz-Technik zum Bildungstransfer nach Westchina

Seit 1992 wirkte Albrecht Flor in der VR China. Sein erster Dienstort war Weifang in der Provinz Shandong, von dort aus betreute er das HSS-Projekt Shiyan in Hubei mit. An beiden Standorten startete er 1994 die Ausbildung in den Kfz-Berufen. Die Kfz-Technik war einer der Schwerpunkte seiner Arbeit. Er sah die Massenmotorisierung, die Ende der 1990er Jahre losging, voraus. Fachleute für Wartung und Reparatur waren damals jedoch nicht vorhanden. Anfallende Arbeiten an Autos wurden zu dieser Zeit sehr laienhaft durchgeführt und mit zunehmender Hightech war an einen professionellen Service nicht zu denken. Zu diesem Zeitpunkt war die Einführung der Kfz-Berufe der richtige Weg in der Berufsausbildung.

Bald erkannte Herr Flor, dass es nicht reicht, an wenigen Standorten neue Berufe einzuführen. Ihm war klar, dass die Kfz-Berufe schnell verbreitet werden müssen. Deshalb wurde das erste Lehrerfortbildungszentrum ins Auge gefasst. 1997 begannen dann die Verhandlungen mit dem Berufsbildungszentrum Qingzhou, Provinz Shandong. Im Jahr 2002 wurde das Berufspädagogische Fortbildungszentrum Qingzhou vom Bildungsministerium offiziell als Lehrerfortbildungszentrum anerkannt.

Mit den Standorten Weifang, Shiyan und dem Fortbildungszentrum Qingzhou war die Infrastruktur geschaffen, um den Schritt in die Westprovinzen erfolgreich zu gestalten.

Erste Kontakte nach Gansu wurden 1998 hergestellt. Darauf folgte eine Evaluation der Berufs- und Mittelschulen, um im Jahr 2000 in einer großen Initiative Multiplikatoren fortzubilden. 2010 wurde das Projekt für Berufsbildung und Entwicklung Westchina in Jiuquan gegründet, das im November 2015 die Anerkennung von der Bildungskommission Gansu bekommen hat und das erste Berufslehrerfortbildungszentrum in Gansu ist. 

Chen Wenxian verleiht Albrecht Flor die Ehrenprofessur

Organisationstalent und soziales Engagement

Für diese Maßnahmen war es auch notwendig, einen stabilen Stamm von Kurzzeitfachkräften aufzubauen, die diese Kurse abhalten. Außerdem war es wichtig, Bildungsträger in Deutschland zu organisieren, die Fortbildungsaufenthalte für chinesische Lehrer und Ausbilder ausrichten. So wurden Urlaubsaufenthalte in Deutschland meist zweckentfremdet, um Kontakte aufzubauen und Fortbildungstermine zu organisieren.

Es blieb nicht dabei, dass Herr Flor die berufliche Bildung in Gansu reformierte, sondern es gelang ihm, aus Gansu heraus in den Westprovinzen Qinghai, Xinjiang, Tibet, Ningxia und in der Inneren Mongolei Reformen der beruflichen Bildung voranzutreiben.

Dies war nur möglich, weil er in der Lage ist, zu seinen chinesischen Partnern ein vertrauenswürdiges und verständnisvolles Verhältnis aufzubauen.

Seine Arbeitsweise lässt sich als zielorientiert, unnachgiebig, unbeirrbar und in schwierigen Situationen äußerst flexibel beschreiben. Mit seiner Arbeit in der Berufsbildung wurde auch ein weiterer Schwerpunkt auf die soziale Komponente gelegt. Nicht nur, dass durch bessere Berufsausbildung der Lebensstandard steigt, sondern die Einführung der Gesundheits- und Pflegeberufe führt auch zu einem besseren Lebensumfeld. Nachdem Herr Flor eigentlich als Fachmann für Metallberufe nach China kam, sind seine Aktivitäten im sozialen Bereich besonders hoch zu bewerten. 

Vertrauen als Grundlage für nachhaltigen Erfolg

Viele der oben genannten Sachverhalte wurden durch die einzelnen Redner in ihren Ausführungen mit einbezogen, aber niemand war dabei, der die gesamte Schaffenszeit von Herrn Flor in China mit begleiten durfte.

Die Veranstaltung hatte trotz der Größe einen familiären Charakter. Bei den Schulleitern und allen Teilnehmern konnte man ein richtiges Miteinander verspüren. Grußworte der Teilnehmer von HSS-Fortbildungsveranstaltungen zeigten, dass sie stolz sind, an diesem Prozess der beruflichen Entwicklung beteiligt zu sein. Sie beschrieben, wie sich die Einstellung und das Verhalten der Lehrer und Ausbilder änderten und der Lernprozess der Schüler sich viel dynamischer entwickelte.

Es darf nicht vergessen werden, dass hinter diesen positiven Entwicklungen das Engagement vieler Personen steckt. Dabei war es nötig, diese vielen Personen zu finden, zu organisieren und einzusetzen. Albrecht Flor gab seinen Mitarbeitern, ob vor Ort oder den Kurzzeitfachkräften, immer das nötige Vertrauen und einen großen Gestaltungsfreiraum, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Seine Menschenkenntnis und sein Gespür für das Machbare brachten ein Ergebnis zu Stande, das Vergleichbares sucht. Aber nur durch eine große Vision, eine jahrzehntelange Höchstleistung war es möglich, dies zu verwirklichen.

Herrn Flor ist zu seinem verdienten Ruhestand der Verbleib seiner Gesundheit und seine von ihm bekannte Umtriebigkeit zu wünschen. 

Autor: Josef Bremberge