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Politik und Gesellschaft

In den vier Jahrzehnten seit Beginn der Reform und Öffnung entwickelte sich China in atemberaubendem Tempo zu einer der weltweit führenden Wirtschaftsmächte. Während sich einerseits die Lebensbedingungen für die meisten Menschen spürbar verbesserten, sind andererseits stetig anwachsende soziale Disparitäten zur zentralen politischen Herausforderung geworden. Um unsere chinesischen Partner auf der Suche nach sozialverträglichen Entwicklungswegen zu unterstützen, stellen wir im Rahmen des gesellschaftspolitischen Dialogs Lösungsansätze aus Deutschland vor. Neben der Förderung von Bildungsgerechtigkeit und Geschlechtergleichheit sind für eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung auch effiziente Verfahrensregeln für alle gesellschaftlichen Akteure von Bedeutung. Erfahrungen Deutschlands dienen hierbei China als Anschauungsobjekt und Ideengeber für die eigene weitere Entwicklung.

Unsere Arbeit in China lässt sich hierbei anhand folgender Beispiele veranschaulichen:

 

Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium der VR China

Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) unterstützt seit Beginn der 1980er Jahre die Reform des chinesischen Bildungswesens im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium (Ministry of Education, MoE) leisten wir einen Beitrag zur Schaffung eines modernen und qualitativ hochwertigen Bildungssystems und zu einer ausgewogenen und gerechteren Entwicklung der Gesellschaft.

Die Kooperation erfolgt im Rahmen einer Dachpartnerschaft des MoE für unser Repräsentanzbüro in Peking, auf deren Grundlage dem MoE die Kompetenzen und Ressourcen unserer einzelnen Projektzentren zur Verfügung stehen. Das Projektbüro Peking gewährleistet hierbei den Informationsfluss zwischen den einzelnen HSS-Projektbüros und dem MoE und unterstützt koordinierend den bildungspolitischen Dialog.

Wichtige Arbeitsschwerpunkte bilden die Förderung von Bildungsgerechtigkeit, des Bildungstransfers in strukturschwache Regionen und der höheren Beruflichen Bildung. Ab 2019 wurde im Rahmen eines neuen Kooperationsabkommens die Zusammenarbeit auch im Bereich Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) verankert. Zudem wird eine noch stärkere Vernetzung der Arbeitsbereiche Berufliche Bildung und Entwicklung ländlicher Räume sowie die gemeinsame Bildungsförderung von Entwicklungsländern anvisiert.

Darüber hinaus vergeben wir in Zusammenarbeit mit dem China Scholarship Council (CSC), einer Tochtereinrichtung des MoE, Stipendien an chinesische Akademiker in Deutschland, um durch ideelle und finanzielle Förderung zur Erziehung eines hochqualifizierten Akademikernachwuchses in China beizutragen.

 

Akademischer Austausch in den Sozial- und Rechtswissenschaften

In Zeiten des demografischen und wirtschaftlichen Strukturwandels soll der Austausch mit chinesischen Wissenschaftlern und Studierenden die Notwendigkeit der Entwicklung tragfähiger sozialpolitischer Maßnahmen vermitteln. Experten stellen hierzu Entwicklungen und Erfahrungen Deutschlands vor, die China als Anschauungsbeispiele zur Bewältigung eigener Herausforderungen dienen. Wichtige Kooperationspartner sind die Peking Universität und die Fremdsprachenuniversität Peking.

Die Bemühungen Chinas beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen unterstützen wir durch die Förderung des Austauschs in den Bereichen öffentliches Recht und Strafrecht. Regelmäßige Veranstaltungen und Delegationsreisen mit der Peking-Universität, der China Universität für Politik- und Rechtswissenschaft, der Renmin-Universität und der Universität der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften liefern Einblicke in die deutsche Rechtspraxis und machen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Rechtssysteme sichtbar. Neben chinesischen Wissenschaftlern und Studierenden bringen wir in unseren Veranstaltungen auch Vertreter aus der Rechtspraxis - wie z.B. Richter und Staatsanwälte - mit deutschen Experten zusammen, um Problemlösungskompetenz zu vermitteln und gemeinsam Ideen zur weiteren Reform des Rechtssystems auszuarbeiten.

 

Dialogprogramm "Politik, Gesellschaft, Recht" mit der Zentralen Parteihochschule

Als höchste Schulungs- und Fortbildungseinrichtung der KPCh und zentraler Think Tank der chinesischen Regierung bildet die Hochschule des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik. Im Mittelpunkt der seit 1999 bestehenden Kooperation steht das Dialogprogramm "Politik, Gesellschaft, Recht", das einen breitgesteckten Dialog zu gesellschafts-, sozial-, und wirtschaftspolitischen Fragestellungen ermöglicht. Die Zusammenarbeit bietet einen Rahmen für Austausch und Diskussion und ermöglicht beiden Seiten Einblicke in aktuelle politische und wissenschaftliche Debatten des jeweils anderen Landes. Sie umfasst regelmäßige Symposien, Delegationsreisen, Diskussionsrunden und Gastvorträge. 2015 wurde die Zusammenarbeit um die Komponente Entwicklung ländlicher Räume erweitert, was die inhaltlich gute Arbeitsbeziehung und das besondere Vertrauensverhältnis widerspiegelt. Einen zunehmend wichtigen Arbeitsschwerpunkt bildet die Alterung der Gesellschaft und deren Handlungskonsequenzen für die Sozialversicherungen und Pflegedienstleistungen.

 

Deutsch-Chinesischer Parlamentarieraustausch

Die Gesellschaft des chinesischen Volkes für Freundschaft mit dem Ausland (Freundschaftsgesellschaft) ist der älteste Partner der HSS in China. Im Zentrum der 1979 begonnenen Zusammenarbeit stehen wechselseitige Besuche von Abgeordneten der Volkskongresse der Provinzen und deutschen Parlamentariern der Landes-, Bundes- und Europaebene. Ziel ist die Förderung des politischen Dialogs und des Fachaustausches zu Themen wie Strukturwandel, Stadt- und Landentwicklung und aktuellen deutschland- und europapolitischen Fragestellungen.

 

Förderung sozial benachteiligter Jugendlicher

Mit einer Tochtereinrichtung der Freundschaftsgesellschaft, der China Friendship Foundation for Peace and Development, unterhalten wir seit 2000 ein Stipendienprogramm zur Förderung von Studierenden in strukturschwachen Provinzen. Seit 2015 werden im Rahmen des Programms Stipendien für Berufsschüler vergeben, mit dem Ziel der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit und der beruflichen Entwicklungschancen. Nach Abschluss einer Facharbeiterausbildung an Kooperationsschulen der HSS in Westchina haben die Geförderten, die oftmals Angehöriger ethnischer Minoritäten sind, gute Berufsaussichten in Industrie und Handwerk. Durch die Ermöglichung wirtschaftlicher Teilhabe leisten wir einen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände der lokalen Bevölkerung und zur Reduzierung regionaler Disparitäten. Derzeit werden die Kurse an zwei Facharbeiterschulen in Urumuqi/Xinjiang und Hohhot/Innere Mongolei durchgeführt.

 

Frauenförderung

Durch den fachlichen Dialog und berufliche Fortbildungsprogramme fördern wir seit 2003 gemeinsam mit dem All-Chinesischen Frauenverband die Stellung der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft. In Symposien und wechselseitigen Delegationsreisen tauschen sich Vertreterinnen beider Länder zu Konzepten und Projekten der Geschlechtergleichstellung aus. Zentrale Inhalte sind Fördermaßnahmen in Bildung und Beruf, Frauen- und Kinderrechte sowie Fragen der Migration und des demografischen Wandels, die vor allem Frauen in ländlichen Regionen vor große Herausforderungen stellen. Für Frauen in der strukturschwachen Provinz Gansu führen wir berufliche Schulungen im Bereich Gesundheitswesen und Capacity Building durch, um über die nachhaltige Verbesserung der Einkommensmöglichkeiten einen Beitrag zu Armutsbekämpfung und Förderung sozialer Mobilität zu leisten.