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Konferenz “Integrated Rural Development and Territorial Governance“ in Jinan, China

Die Hanns Seidel Stiftung (HSS) ist seit über 30 Jahren in der VR China tätig. Am 9 Juli 1987 wurde eine gemeinschaftliche Erklärung zur freundschaftlichen Kooperation zwischen der Provinz Shandong und dem Freistaat Bayern unterzeichnet.

Dies war der Grundstein für ein Pilotprojekt, das 1989 von der HSS in Kooperation mit dem bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ins Leben gerufen wurde. Hierfür wurden erstmals die damals modernen Themen der Flurbereinigung und Dorfentwicklung in China eingeführt, welche bis heute eine Verbesserung der Lebensbedingungen und des lokalen Einkommens zeigen. Durch diesen Erfolg wurde schnell klar, dass weitere Forschung und Ausbildung stattfinden muss um Ansätze weiter zu entwickeln und Maßnahmen individuell anpassen zu können. Als logische Konsequenz wurde deshalb 2004 in Kooperation mit dem Ministerium für Land und Ressourcen Shandong ein Bildungs- und Forschungszentrum für Flurneuordnung und Landentwicklung (BFL) in Qingzhou gegründet.

Zum Anlass des 30. Jahrestages der Kooperation wurde, vom 11. bis 13. Mai 2017, eine internationale Konferenz mit dem Thema “Integrated Rural Development and Territorial Governance“ von der Hanns Seidel Stiftung organisiert und zusammen mit dem Ministerium für Land und Ressourcen in der VR China (MLR) in Jinan, China, abgehalten. Rund 90 Fachteilnehmer aus Deutschland und acht Ländern Asiens waren vertreten.

Es ist unbestreitbar, dass die Integrierte Ländliche Entwicklung der Schlüssel für die Fähigkeit eines Landes ist, Armut zu beheben, Hunger zu bekämpfen, vernünftige Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen und dadurch eine Balance zwischen städtischen und ländlichen Regionen zu erzielen um Nachhaltigkeit in der Entwicklung zu erreichen. Die integrierte Entwicklung ist dabei zugleich Ziel und Strategie und erfordert einen disziplinübergreifenden, ganzheitlichen Ansatz. Daher wurde bei den Vorträgen und im weiteren Verlauf bei den Diskussionen ein besonderes Augenmerk auf länderspezifische Fallstudien und Erfolgsgeschichten gelegt, um diese Strategien auf die Gestaltung der Politik im ländlichen Raum Chinas sowie dessen Nachbarländer zu übertragen.

Mit der erfolgreichen Umsetzung und Anwendung von zentralen Entwicklungsinstrumenten (wie räumliche Planung und Landnutzungsplanung, Flurbereinigung, Dorferneuerung, Stadt-Land-Kooperationen oder ländliche Infrastrukturmaßnahmen) ist eine Koordination der territorialen Regierungsebenen sowohl im vertikalen als auch im horizontalen Ausmaß notwendig. Deshalb sind gut organisierte, dynamisch aktive und abgestimmte lokale Gruppen, Institutionen und Organisationen essentiell für den Weg hin zu einer gut funktionierenden territorialen Regierungsführung. 

In den Vorträgen und anschließenden Diskussionen traten einige Punkte klar hervor. So zeigte sich deutlich, dass dringender Bedarf für eindeutige Begriffsdefinitionen und ein eindeutiges politisches Verständnis der Begriffe „ländlich“ und „städtisch“ besteht, nachdem dies oft unterschiedlich ausgelegt wird. Explizites Ziel der politischen Agenda sollte eine ausgewogene Stad-Land Entwicklung sein. Damit einhergehend braucht es einen Perspektivenwechsel bei der Entwicklung von ländlichen Regionen und der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen. Hinzu kommt die Notwendigkeit für einen Paradigmenwandel weg von rein agrarstrukturell ausgerichteter Flurbereinigung hin zu einer Bereicherung des Landes durch Stärkung der Kommunen und (inter)kommunale Entwicklung. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Politik zur Entwickung ländlicher Räume und die Rolle von Gesetzen mit Land- und Planungsbezug zu betonen, um eine ausgeglichene Stadt-Land-Entwicklung und nachhaltige Entwicklungsziele zu verwirklichen. Als Schlüsselthema wurde dabei auch „good governance“ als Voraussetzung für eine erfolgreiche territoriale Entwicklung betont. Nur ein umfassendes und nachhaltiges Landmanagement (Bodenordnung) ist schließlich Grundlage, um die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN umsetzen zu können. So wurden auch die Rolle von internationalen Entwicklungsorganisationen bei der Umsetzung integrativer Ansätze der ländlichen Entwicklung diskutiert. Letztlich ist es auch der landesübergreifende Wissenstransfer durch internationale Kooperationen, wie die mit der HSS und dem Freistaat Bayern, der Theorien, Methoden und Instrumente der Ansätze der Integrierten Ländlichen Entwicklung befördert und einen Kapazitätsaufbau aus Sicht der Ländlichen Entwicklung langfristig ermöglicht. 

Eröffnung der Konferenz durch den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer

Ministerpräsident Horst Seehofer wohnte der Eröffnungszeremonie der Konferenz bei. In seiner Rede betonte er, wie wichtig die starke Partnerschaft zwischen Bayern und der Provinz Shandong sei und dass diese Stärke auf ein breites und solides Fundament zurückzuführen sei. 

Ländliche Entwicklung sei eines der wichtigsten Themen unserer Zeit, so Seehofer, und dies gelte für Shandong wie auch für Bayern. Ein Land könne nur Erfolg haben, wenn alle Regionen, städtische und ländliche Gebiete, eine positive Entwicklung nehmen. Gesunde und produktive ländliche Gebiete seien unser Erfolgsgarant für die Zukunft. Daraufhin merkte er an, dass die Bevölkerung Bayerns im Jahr 2013 eine klare Entscheidung für diesen Weg getroffen hätte. Die landesweite Sicherstellung gleicher Lebens- und Arbeitsbedingungen ist ein in der Bayerischen Verfassung festgeschriebenes Ziel.

Zeremonie zur Unterschrift der gegenseitigen Absichtserklärung für weitere künftige Kooperation

In der Gegenwart von Ministerpräsident Horst Seehofer wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, welche die Kooperation zwischen der HSS und dem MLR für weitere drei Jahre sicherstellt. Hiervon werden neben künftigen gemeinsamen Fortbildungen und Ausbildungen auch die Organisation von internationalen Konferenzen, die Implementation von erfolgreichen Pilotprojekten und die Übertragung der Ergebnisse in andere Teile Chinas abgedeckt. So endeten die Feierlichkeiten für 30 Jahre erfolgreiche Partnerschaft mit einer starken Perspektive für die Zukunft. Eine Dokumentation der Konferenz ist in englischer Sprache ist vorhanden und kann angefordert werden.

Dr.-Ing. Fahria Masum, Consultant, München

Dr.-Ing. Michael Klaus, Hanns-Seidel—Stiftung, Qingzhou, VR China