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Strafrechtliche Regulierung des Web-Scraping im deutsch-chinesischen Rechtsvergleich
Konferenz an der Peking-Universität

Da das Internet immer weitere Bereiche des täglichen Lebens durchdringt, verlagern sich ganz natürlich auch immer mehr kriminelle Handlungen in die digitale Sphäre. Aufgrund der Neuartigkeit vieler dieser Handlugen stellt der strafrechtliche Umgang die nationalen Strafverfolgungsbehörden vor große Probleme. Häufig ist nicht einmal eindeutig, ob einzelne Handlungen überhaupt die Anforderungen an bestehende Strafbestandtäte erfüllen. Web-Scraping, also das Algorithmus-basierte von Informationen auf Internetseiten, ist eines dieser neuen und ambivalenten Phänomene. Auf einer Online-Konferenz Ende Juni tauschten sich chinesische und deutsche Rechtsexperten einerseits über die strafrechtlichen Implikationen von Web-Scraping-Technologien, und andererseits über die potenzielle Anwendung der Technologie für den Strafverfolgungsprozess aus.

Auf Einladung der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) und des Forschungsinstituts für Strafrecht sowie der Forschungsstelle für empirische Rechtsforschung und Rechtspraxis der Peking-Universität fanden sich am 28. Juni jeweils zwei deutsche und chinesische Rechtsexperten zusammen, um den Umgang mit einem vergleichsweise neuen Problem komparativ zu diskutieren. Prof. Dr. Ken Eckstein und Jun.-Prof. Dr. Sebastian Golla (beide Ruhr-Universität Bochum) stellten dabei den rechtlichen Rahmen in Deutschland vor, Prof. Dr. Wang Huawei und Dr. Tang Zhiwei (beide Peking-Universität) sowie Prof. Dr. Xu Lingbo (Nanjing Universität) schilderten die Lage in China. Prof. Dr. Jiang Su von der Peking Universität moderierte die Veranstaltung samt anschließender Diskussion.

Deutschland – Herausforderung für das bestehende Strafrecht

Prof. Golla klärte in seinem Vortrag zunächst die materiell-rechtlichen Fragen des Web Scraping, also Algorithmus-basierte Verfahren (Bots), die dazu bestimmt sind, öffentlich zugängliche Informationen und Daten von Webpräsenzen abzurufen und zu speichern. Diese Bots, auch als Webcrawler oder Webspiders bezeichnet, verrichten im Internet laufend unsichtbar Arbeiten – nützlicher wie schädlicher Art. Crawler halten beispielsweise den Suchindex von Google auf dem Laufenden, können illegale Inhalte finden oder der Steuerfahndung helfen, die Umsätze von Webshops einzuschätzen. Andererseits können sie aber auch dafür genutzt werden, um Ziele für Cyberattacken ausfindig zu machen oder Personen ohne triftigen Grund zu überwachen.

Deutsche Gerichte haben sich bereits häufig mit Web-Scraping beschäftigt – allerdings nur in Bereichen wie Wettbewerbs- oder Urheberrecht, nicht aber im Strafrecht. Dabei ist eine Strafbarkeit aus mehreren Gründen durchaus möglich: Kernstrafrechtlich könnte es sich um ein Ausspähen von Daten (§ 202a StGB) handeln. Dieser Paragraph schützt ein formalisiertes Interesse an der Geheimhaltung von Daten. Wer sich oder einem anderen unbefugt Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, macht sich strafbar. Wichtige Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, dass eine Zugangssicherung vorhanden ist, die gewissermaßen das Interesse an einer Geheimhaltung der Daten ausdrückt. Bei auf frei zugänglichen Websites abrufbaren Daten liegt eine solche Zugangssicherung nicht vor. Damit scheidet eine Strafbarkeit nach § 202a StGB beim Web Scraping aus.

Nebenstrafrechtlich kommt eine Strafbarkeit wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche oder urheberrechtliche Bestimmungen in Betracht. Im ersten Fall kommt eine Strafbarkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Betracht. Beim Scraping eines sozialen Netzwerks werden stets personenbezogene Daten betroffen sein, aber auch auf gewöhnlichen Websites finden sich solche regelmäßig. § 42 BDSG, die zentrale Strafnorm des Datenschutzrechts, stellt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten allerdings nur dann unter Strafe, wenn diese nicht allgemein zugänglich sind: Demnach scheidet auch die Strafbarkeit nach dem BDSG aktuell aus.

Das Web Scraping könnte aber nach § 106 Urheberrechtsgesetz (UrhG) strafbar sein. Demnach macht sich strafbar, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Das automatisierte Auslesen von Websites durch Bots bringt technisch notwendigerweise eine Vervielfältigung der betroffenen Inhalte mit sich -  allerdings müssten diese Inhalte auch urheberrechtlich geschützt sein. Die Frage, ob ein solcher Schutz vorliegt, lässt sich nur für jeden konkreten Einzelfall beatworten. Für die Frage, ob die Eingriffe rechtswidrig und strafbar sind, kommt es aber entscheidend darauf an, ob eine Lizenz des Rechteinhabers vorliegt oder eine gesetzliche Erlaubnis einschlägig ist. Die Grenzen der Strafbarkeit sind dabei nur zu bestimmen, wenn die genauen Zwecke und der Umfang des Web Scraping-Verfahrens bekannt sind. Schließlich ist eine Strafbarkeit des Web Scraping als rechtswidrige Verwertung einer Datenbank nach § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG möglich. In das Schutzrecht des Datenbankherstellers kann das Web Scraping eingreifen, wenn es sich auf annähernd sämtliche Inhalte einer Website erstreckt, die dem Datenbankschutz unterfällt. Auch hier gilt die Abwägung im Einzelfall.

Durch die seit fünf Jahren diskutierte mögliche Einführung eines neuen Straftatbestands des „Digitalen Hausfriedensbruchs“ im deutschen Strafrecht könnte es allerdings in Zukunft zu einer weiteren Strafbarkeit des Web Scraping kommen.  Dabei geht es zwar zunächst um die Kriminalisierung der Erstellung und des Einsatzes sogenannter „Botnetze“ – also die Infizierung von Computern mit Schadsoftware -, allerdings könnte der neue Strafbestand auch Praktiken des Web Scraping erfassen. Zum Beispiel könnte das Auslesen von Daten auf einer Website durch einen Crawler als Ingangsetzung eines Datenverarbeitungsvorgangs in Anlehnung an § 263a StGB (Computerbetrug) unter Strafe gestellt werden. Auch hier wäre die Argumentation für öffentlich zugängliche Websites allerdings fraglich. Ähnlich wie beim Tatbestand des „reellen“ Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) ließe sich hier fordern, dass der Wille zum Ausschluss eines automatisierten Auslesens von Websites deutlich zum Ausdruck kommen müsste, um ein unbefugtes Handeln anzunehmen. Damit dieser Wille eines Websitebetreibers klar erkennbar ist, müssten auch die eingesetzten Bots und Crawler dies erkennen können: Der Wille müsste also in einer technischen Vorkehrung zum Ausdruck kommen, die für diese nicht-menschlichen Akteure verständlich ist.

Prof. Eckstein beschäftigte sich anschließend mit der Frage, wie Web-Scraping für die Strafverfolgung genutzt werden kann. Mit der zunehmenden Verlagerung von mehr und mehr Bereichen des täglichen Lebens ins Internet finden auch immer mehr Straftaten im Netz statt: von Attacken gegen Computersysteme (Phishing oder Ransomeware) über den Handel mit Betäubungsmitteln und Waffen im Darknet bis zur Vorbereitung extremistischer Straftaten in Chaträumen. Logischerweise ist die digitale Welt damit auch zu einer weiteren Sphäre, in denen die Polizei ihre Ermittlungsarbeit durchführen kann bzw. muss (Online-Ermittlungen). Neben dem manuellen Durchsuchen von Internetbrowsern o.ä. nutzten Strafverfolgungsbehörden vermehrt auch automatisierte, Algorithmen-basierte Suchmethoden, also Web-Scraping. Die Programmierung solcher Tools ist extrem aufwendig - nicht zuletzt, da in späteren Gerichtsverhandlungen einwandfrei bewiesen werden muss, dass keine nachträglichen Verfälschungen vorgenommen wurden – und erfordert internationale Kooperationen.

Auch rechtlich sind für den Einsatz von Web-Scraping-Tools hohe Anforderungen zu beachten. Zwar sind anlasslose Ermittlungen im Online-Bereich, genauso wie Streifenfahrten in der analogen Welt grundsätzlich erlaubt – allerdings verschwimmt die Grenze zwischen freier Grundrechtsausübung im Regel- und staatlicher Überwachung im Ausnahmefall schnell. Entsprechend setzt das Bundesverfassungsgericht enge Grenzen.

Für die Strafverfolgung geht es im Wesentlichen um zwei Ermittlungsstrategien: erstens die Suche nach Beweismitteln zum Nachweis bereits begangener Straftaten einzelner Personen. Zweitens suchen die Behörden bereits im Vorfeld potenzieller Straftaten nach Spuren und Merkmalen, um im Rahmen der Online-Rasterfahndung Straftaten präventiv zu verhindern.

Natürlich werden dadurch auch bestimmte Grundrechte betroffen, nicht zuletzt das Fernmeldegeheimnis (GG Art. 10), die die Vertraulichkeit individueller Telekommunikation vor staatlichem Zugriff schützt. Allerdings greifen die Behörden lediglich auf Informationen zu, die für einen solchen Zugriff über das Internet bereitgestellt sind, es findet demnach kein Eingriff in der Tiefenschicht des Signalübertragungsnetzes statt, wie z.B. bei einer Telefonabhörung. Prof. Eckstein kommt daher zu dem Fazit, dass der Staat mit Web-Scraping nicht in das Fernmeldegeheimnis eingreift, sondern als Kommunikationsteilnehmer auftritt. Auch die Anwendung des Grundrechts auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme (GG Art. 2) negiert Prof. Eckstein – soweit Computersysteme für den Zugriff geöffnet werden. Was das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (GG Art. 2) angeht, sind die Grenzen jedoch deutlich weniger klar: Grundsätzlich haben auch Strafverfolgungsbehörden das Recht, auf öffentlich zugängliche Quellen zuzugreifen. Andererseits ist der öffentliche Charakter vieler Kommunikationsformen den Internetbenutzern nicht immer hinreichend klar. Zudem gilt es, die Grundrechte vor einer Allgegenwart des Staates zu schützen. Anders als das BVG beurteilt Prof. Eckstein die Teilnahme des Staates an individueller Kommunikation deshalb sehr wohl als Grundrechtseingriff.

Kritisch ist außerdem anzumerken, dass die Streubreite von Online-Ermittlungen sehr groß ist, da das gesamte Internet durchsucht wird. Zwar werden die von nicht Betroffenen gesammelten Informationen automatisch und spurlos gelöscht, Prof. Eckstein sieht den Übergang zur Online-Rasterfahndung hier dennoch fließend und sieht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gefährdet. Einige Stimmen vermuten hier sogar einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung.

Aufgrund der genannten Probleme, sollte der Gesetzgeber bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Web-Scraping als Instrument der Strafverfolgung zulässig sein soll und wie die erhobenen Daten vor Missbrauch und Manipulation zu schützen sind.

China – Dynamik des Internetsektors als große Herausforderung

Nach der Darstellung der Lage in Deutschland gaben Prof. Dr. Wang Huawei und

Dr. Tang Zhiwei einen Überblick über die Situation in China.

Dort, so Dr. Tang, wird der mögliche Einsatz von Web-Scraping-Technologien im Rahmen der Strafverfolgung bislang weder in Wissenschaftskreisen noch in der Rechtspraxis ausführlich diskutiert. Stattdessen wird mehr die materiell-rechtliche Hinsicht der Web-Scraping-Problematik debattiert, also die Situation, in der eine Privatperson Web-Scraping-Methoden nutzt, um Informationen aus dem Internet zu generieren.

Zwar nutzen auch chinesische Strafverfolgungsbehörden durchaus Big Data zur Ermittlung, allerdings geschieht dies nicht mithilfe von Web-Scraping, sondern eher auf traditionelle Weise. Das heißt, dass die Beamten manuelle Online-Ermittlungen durchführen, zum Beispiel per Online-Recherche. Entsprechend gibt es auch im chinesischen Strafrecht (chStPO) noch keine genauen Bestimmungen für die Anwendung von Web-Scraping. Allerdings könnte man, so Dr. Tang, argumentieren, dass Web-Scraping unter den allgemeinen Bereich „technische Ermittlung“ fällt (Par. 150 ff. chStPO). Diese darf lediglich bei „Straftaten, die die Sicherheit des Staates gefährden, terroristische Straftaten, Organisationsstraftaten, die sich Mafia-Charakter erweisen, erhebliche Drogenstraftaten sowie andere Straftaten, die die Gesellschaft erheblich gefährden“  oder nach Einholung einer speziellen Genehmigung genutzt werden. Wenn man also annimmt, dass Web-Scraping ein Teil der „technischen Ermittlung“ ist, dann setzt der Gesetzgeber hier sehr enge Grenzen.

Zuletzt weist Dr. Tang noch auf den sog. „Public-Private Cooperation Mode for the Goverance of Cybercrime“ hin, der 2016 für die Verfolgung von Internetkriminalität eingeführt worden war. Demnach sind Internetbetreiber dazu verpflichtet, bei der Ermittlung von Straftaten im Internet mitzuwirken. Durch dieses öffentlich-private Kooperationsmodell, bzw. die Erfüllung dieser Mitwirkungspflicht, wird das Handeln der Datenerfassung unter Anwendung von Web-Scraping im Rahmen der staatlich-bürgerlichen Beziehung wieder in den Kontext der Beziehung zwischen gleichgestellten Privaten umgewandelt.

Prof. Wang gab in seinem Vortrag noch ein paar weitere wichtige Informationen zur derzeitigen strafrechtlichen Bewertung in China. Grundlegend könnte Web-Scraping unter drei Tatbestände des chinesischen Strafrechts fallen. Erstens geht es um die illegale Erfassung von Daten in den Computerinformationssystemen nach § 285 Abs. 2 chStGB. Wer unter Verstoß gegen staatliche Bestimmungen illegal auf ein Computerinformationssystem zugreift, ist demnach bei Vorliegen ernster und schwerwiegender Umstände strafbar. Zweitens geht es um die Verletzung individueller Informationsrechte nach § 253a chStGB. Wer unter Vorstoß gegen staatliche Bestimmung die persönlichen Informationen von Bürgern ausspäht, ist bei Vorliegen ernster und schwerwiegender Umstände zu bestrafen.  Drittens geht es um die Verletzung des Urheberrechts nach § 217 chStGB. Wer mit Gewinnabsicht ohne Erlaubnis des Inhabers dessen Werk vervielfältigt, veröffentlicht oder in den Informationsnetzwerken verbreitet, macht sich ebenfalls strafbar.

In Bezug auf die strafrechtliche Verantwortung des Web-Scraping gibt es in China bereits einige Strafurteile, bei den meistens die Tatbestände der illegalen Erfassung der Daten in den Computerinformationssystemen und der Verletzung personenbezogener Daten des Bürgers angewandt wurden. Bezüglich der Strafbarkeit des Web-Scraping ist sowohl im deutschen und chinesischen Recht zunächst die Frage entscheidend, wie man das Merkmal des „unbefugten Zugriffs“ („without authorization“) versteht. Beispielweise setzt die Strafbarkeit des Ausspähens von Daten nach § 202a StGB die Überwindung der Zugangssicherung voraus. Auch die Strafbarkeit der illegalen Erfassung der Daten in den Computerinformationssystemen nach § 285 Abs. 2 chStGB setzt einen illegalen Zugriff in die Computerinformationssysteme oder Anwendung weiterer technischen Mechanismen voraus.

Es ist sehr umstritten, ob es auch strafbar ist, wenn das Opfer selbst keine technische Sicherungsmaßnahme gegen den Zugriff durch Web-Scraping eingesetzt hat und der Täter lediglich nur die sogenannte „robots“-Vereinbarung verletzt hat. Dieser „robots Exclusion Standard“ ist im Stammverzeichnis der Webseite zu finden und kann dem Web-Scraping-Tool somit mitteilen, dass bestimmte Inhalte nicht extrahiert werden dürfen. Die Vereinbarung hat jedoch keine zwingende Bindung und ist lediglich als eine allgemeingültige Industrietechniknorm zu verstehen. Eine eindeutige Entscheidung ist in China in dieser Frage noch nicht gefällt worden. In seinem Ausblick schlägt Prof. Wang vor, die Beschränkung auf bestimmte Tathandlungsvarianten schrittweise zu schwächen. Der Grund liegt darin, dass die Informationsnetzwerktechnologie unzählbare Möglichkeiten zur Datenschutzkriminalität schafft und die neuen Fallkonstellationen oftmals die früheren Erfahrungen und Erkenntnisse überschreiten. Daher erfüllen viele Fälle der Datenkriminalität trotz ihrer hohen Strafwürdigkeit häufig nicht die Tatbestände des geltenden Strafrechts und können entsprechend nicht geahndet werden.

Internationaler Austausch bei Internetkriminalität besonders wichtig

Prof. Dr. Xu Lingbo  fasste die Ergebnisse der Veranstaltung in einem abschließenden Fazit prägnant zusammen. In ihren Vorträgen haben die vier Experten demnach unterschiedliche Einstellungen zur Schaffung einer neuen strafrechtlichen Vorschrift bezüglich Web-Scraping gezeigt. Professor Golla ist der Meinung, einen engen Tatbestand zu fassen, der konkretere Umstände beschreibt, anstatt nur den Zugriff auf Daten oder das in Gangsetzen eines Datenverarbeitungsvorgangs. Prof. Wang dagegen empfiehlt, die Beschränkung auf bestimmte Verhaltensweise nach und nach abzuschwächen, um den neu entstandenen Phänomenen der Internetkriminalität besser gerecht zu werden. Als Grund dafür führt er vor allem die enorme Dynamik der Internettechnologien in China an, die durch die rasante Entwicklung immer neue strafwürdige Handlungen hervorbringen können. Prof. Xu zeigt sich jedoch skeptisch, wie das Bestimmtheitsgebot in diesem Fall weiterhin erfüllt werden könnte, wenn die Verhaltensweise bei der Tatbestandbeschreibung sehr abstrakt beschrieben würde.

Prof. Eckstein hat sich in seinem Vortrag mit der Anwendung von Web-Scraping bei der Strafverfolgung beschäftigt. Ihm zufolge verletzt die automatisierte Web-Durchsuchung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Wie Dr. Tang in seinem Kommentar schilderte, wird dieses Thema in China bislang eher wenig diskutiert. In chinesischen Strafprozessrecht geht es vor allem um die Frage, ob die Ermittlung mithilfe von Web-Scraping als „technische Ermittlung“ zu qualifizieren ist, welche nach der geltenden chinesischen StPO nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt ist. Auch die Antwort auf die Frage, ob die durch Web-Scraping erlangten Beweismittel, vor Gericht zulässig wären, ist umstritten.

Die Konferenz hat eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig der internationale Meinungsaustausch vor allem bei relativ neuen Phänomenen wie der Internetkriminalität ist. Da die Phänomene neu sind und zudem ständig neuartige Handlungen hinzukommen, hat noch kein Land einen komplett ausgereiften strafrechtlichen Rahmen entwickeln können. Die Diskussionen zeigen, dass Deutschland und China bei der zukünftigen Gestaltung des Strafrechts sehr von den Ansätzen des jeweils anderen Landes profitieren können.

 

Autor: Ole Engelhardt