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Internationalisierung: Neuer Weg für die Entwicklung der Berufsbildung

Die Chinesische Gesellschaft für Berufliche Bildung organisierte am 29. und 30. Juni 2017 in Chongqing das vierte Symposium für Austausch und Internationalisierung der beruflichen Bildung, auf dem über 200 Experten und Vertreter aus dem In- und Ausland zusammenkamen, um gemeinsam die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich voranzutreiben.

Während der zweitägigen Konferenz wurden rund um das Thema berufliche Bildung die neuesten Entwicklungen, Erfahrungen sowie Ergebnisse internationaler Kooperationen durch Vorträge von landesweiten Vertretern aus allen Bereichen der beruflichen Bildung ausgetauscht. In tiefgehenden Diskussionen über die sogenannte „Go Out Strategie“ chinesischer Berufsschulen im Rahmen der „One Belt, One Road Initiative“ wurde versucht, einen Konsens zu finden und gleichzeitig zur engeren Kooperation und Koordination im Bereich berufliche Bildung mit Unternehmen aufgerufen.

Teilnehmer diskutierten im Panel über die Internationalisierung der beruflichen Bildung in China

Internationalisierung der beruflichen Bildung

Als Vertreter der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) nahm Projektmanager Janne Leino an einem Panel zum Aufbau von Netzwerken und dem Ausbau des internationalen Austauschs teil. Zusätzlich dazu hielt Leino am zweiten Konferenztag einen Vortrag über die Erfahrungen der Stiftung mit Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Berufsschulen.

Im Panel am 29. Juni diskutierten Arnold Obermayr (Österreichische Botschaft Peking), Felix Ye (Generalkonsulat Neuseeland Guangzhou), Thibault Curmi (Französische Botschaft Peking), Britta Buschfeld (Auslandshandelskammer Shanghai), Molly Song (Niederländische Vertretung, NESO China) und Janne Leino die Herausforderungen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit im Berufsbildungsbereich. Laut Obermayr und Curmi ist die Zusammenarbeit zwischen Europa und China im Berufsbildungsbereich noch weiter ausbaufähig. Vor allem in Frankreich besteht 

Nachholbedarf zur Internationalisierung der beruflichen Bildung, so Curmi.

In ihren Beiträgen betonten Buschfeld und Leino, dass deutsche Akteure im Berufsbildungsbereich in China schon seit über 30 Jahren aktiv sind. Traditionell wird der beruflichen Bildung in Deutschland eine große Bedeutung beigemessen. Diese Wertschätzung der beruflichen Bildung zeigt sich laut Leino auch in der internationalen Zusammenarbeit der Bundesregierung. Zum Beispiel wird die Agentur für Berufsbildung der Vereinten Nationen (UNEVOC) finanziell vom Bund unterstützt.

Teilnehmer diskutierten im Panel über die Internationalisierung der beruflichen Bildung in China

Hürden und Lösungsansätze für deutsch-chinesische Schulpartnerschaften

Am darauffolgenden Tag diskutierte Leino mit den Teilnehmern der Konferenz über die Anreize und Hürden bei der Internationalisierung der beruflichen Bildung und deutsch-chinesischen Kooperationen. Laut Leino ist die Internationalisierung von beruflichen Schulen auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zurückzuführen. Deutsche Unternehmen suchen vermehrt qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, da viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Die zunehmende Internationalisierung der Unternehmen führt dazu, dass zunehmend auch Arbeitsplätze mobiler und internationaler werden. Dies bedeutet, dass sowohl Auszubildende als auch Lehrkräfte neben digitalen Kenntnissen auch sprachliche und interkulturelle Fähigkeiten brauchen. Ein weiterer Faktor ist die Erhöhung der Attraktivität der Berufsbildung durch internationale Projekte und Schüleraustauschprogramme. 

Die Erfahrungen der HSS in China zeigen, dass deutsch-chinesische Kooperationen nicht immer problemlos laufen. Hürden für eine Kooperation gibt es sowohl in Deutschland als auch in China.

Eine Herausforderung ist die Anerkennung der Studienleistungen; in beiden Ländern gibt es eine Vielzahl von Behörden, die sich mit der Anerkennung von Abschlüssen beschäftigen. In Europa existiert hierzu bereits ein zentrales Ratifizierungssystem, das „Europäische Leistungspunktesystem für die Berufsbildung“, das jedoch nur für europäische Länder gilt. 

Neben der Frage der Anerkennung sind vor allem mangelnde beziehungsweise zu kurzfristig angelegte Internationalisierungsstrategien und Sprachbarrieren Hindernisse für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die Erfahrung der HSS zeigt, dass es besser ist, mit mittelfristig angelegten Zielen und kleinen Schritten eine Zusammenarbeit zu planen. Wichtig ist zudem die Aufgabenverteilung innerhalb des Kollegiums. Falls nur eine Person mit der Internationalisierung beauftragt wird, kann dies bei Personalwechsel zu Problemen führen. Darüber hinaus ist die Sprachbarriere ein großes Problem sowohl bei der Planung selbst als auch während des Studentenaustauschs. Haben die Lehrkräfte eine gemeinsame Kommunikationssprache und gibt es Kurse, die auf Deutsch oder Englisch gehalten werden können? Dies sind Fragen, die in der Planung zunächst geklärt werden müssen. Eine weitere Besonderheit der deutschen Berufsbildung ist die Schlüsselrolle der Unternehmen, da in der dualen Ausbildung der überwiegende Teil der Ausbildungszeit in den Unternehmen verbracht wird. Wenn in Deutschland eine Lehrerfortbildungsmaßnahme oder ein Schüleraustausch geplant wird, müssen auch die Unternehmen aktiv zustimmen. Im Rahmen eines Austauschs in China ist es für deutsche Lehrkräfte und Auszubildende außerdem wichtig, dass sie die Möglichkeit bekommen, im schulisch geprägten chinesischen Berufsbildungssystem auch den Arbeitsalltag im Unternehmen zu erleben.  

Laut Leino müssen alle Partner von Anfang an eine realistische Erwartungshaltung an die Kooperation haben. Das heißt, man sollte weder zu kurzsichtig noch zu ehrgeizig sein, sondern einen vernünftigen Zeitplan ausarbeiten und ihn Schritt für Schritt umsetzen. Besonders wichtig ist auch, dass beide die Interessen der jeweils anderen Seite an der Kooperation verstehen. Wenn eine Seite, ungeachtet der Interessen der anderen Partei, nur ihre eigenen Ziele verfolgt, ist eine Kooperation zum Scheitern verurteilt. Im Entscheidungsprozess ist ein eingebundenes Büro für Internationale Angelegenheiten unentbehrlich und die Auswahl sowie das Training für dessen Leiter und Mitarbeiter sind von besonderer Wichtigkeit; eine einzige Person ist nicht in der Lage, die Internationalisierung einer ganzen Schule zu stemmen. 

Autor: Janne Leino