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Internationale Konferenz zur Entwicklung ländlicher Räume in Qingzhou

Die Entwicklung ländlicher Räume stellt einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung eines Landes dar. Die Frage, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es in der Entwicklung ländlicher Räume gibt, sollte im Rahmen einer internationalen Konferenz herausgearbeitet werden.

Eröffnung der Konferenz

Am 13. und 14. April 2016 fand am Bildungs- und Forschungszentrum für Flurneuordnung und Landentwicklung (BFL) Qingzhou eine regionale Konferenz zur Entwicklung ländlicher Räume Asiens statt. Die Konferenz war eingebettet in Exkursionen zu Fallbeispielen zur Entwicklung ländlicher Räume, in die auch berufliche Bildung als ein Beispiel zur Wertschöpfung in ländlichen Räumen eingebunden war. Zentrales Beispiel einer umfassenden Dorf- und Flurentwicklung war das Pilotprojekt Nanzhanglou der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). An der Konferenz nahmen Vertreter aus China, Vietnam, Kambodscha, Laos und Südkorea teil.

Im Rahmen eines abschließenden Workshops wurden gemeinsam Anforderungen an die Entwicklung ländlicher Räume herausgearbeitet. Der Prozess einer gemeinsamen Zielfindung soll in Jahr 2017 mit einer weiteren Veranstaltung fortgesetzt werden, zu der auch wieder Teilnehmer aus asiatischen Ländern eingeladen werden. Die Konferenz fand in Kooperation mit dem China Land Survey and Planning Institute und dem Land Consolidation and Rehabilitation Center des Ministeriums für Land und Ressourcen statt. Vertreter der Wirtschaftsabteilung der Hochschule des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas nahmen ebenfalls an der Konferenz teil.

Eindruck von der Workshop-Arbeit

Räumliche Gerechtigkeit und die Entwicklung ländlicher Räume in China

Die durch die HSS konzipierte und organisierte Konferenz wurde durch Prof. Magel geleitet, der auch die Keynote mit dem Titel „Über Notwendigkeiten, Politik und Maßnahmen zur Entwicklung ländlicher Räume“ hielt. Im Rahmen seines Vortrags stellte Magel erstmals das weiterentwickelte Modell der räumlichen Gerechtigkeit vor, das, wie die Reaktionen der Teilnehmer zeigten, von großer Bedeutung für Entwicklungsländer und für China ist.

Die Kooperationspartner der Konferenz zeigten den Rahmen der Entwicklung ländlicher Räume in China auf, in den die Beispiele der Exkursionen eingebettet waren. Themen waren hier Flurneuordnung und ländliche Entwicklung in China (Gao Shichang, Deputy Chief Engineer, Land Consolidation and Rehablilitation Center Beijing, VR China), Gedanken zur Raumordnung und Entwicklung ländlicher Räume Chinas (Frau Deng Hongdi, Deputy Chief Engineer, China Land Survey and Planning Institute, Beijing, VR China) und neue Konzepte und Politik zur Förderung der ländlichen Erneuerung in China (Prof. Xu Xianglin, Abteilung für Wirtschaftswissenschaften der Hochschule des ZKs der KPCh).

Beiträge aus Vietnam, Kambodscha, Laos und Südkorea

Die Themen der internationalen Beiträge im Rahmen der Konferenz umfassten Strategien zur Entwicklung ländlicher Räume in Laos (Ousavanh Thiengthepvongsa, Deputy Head of Economic Development and Strategy Research), ländliche Entwicklung in Vietnam: Situation und Lösungen (Luu Duc Khai, Director of Rural Economic Development Policies Department, Central Institute of Economic Management, Ministry of Planning and Investment, Vietnam), das Programm nationaler Ziele zur neuen ländlichen Entwicklung in Vietnam (Nguyen Ngoc Luan, Deputy Director of the Centre of Agricultural Policy, Institute of Policy and Strategy for Rural Development, Vietnam), sowie Erfahrungen zur Ländlichen Entwicklung (Assoc. Prof. Dr. Nguyen Trung Dung, Water Resources University, Vice-Dean of Department of Economics and Management of Natural Resources of Hanoi Water Resources University, Vietnam).

Außerdem angesprochen wurden die Praxis ländlicher Entwicklung in Korea: Entwicklungsprogramm zur Erneuerung ländlicher Gemeinden in der Provinz Gangwon (Dr. Myoung Ho Cho, Research Associate, Research Institute for Gangwon, Urban and Regional Development, Südkorea), die Politik zur Entwicklung ländlicher Räume in Kambodscha (Paris Chuop, Deputy Director General, National Council for Sustainable Development, Ministry of Environment, Phnom Penh, Kambodscha) und der strategische Entwicklungsplan zum Landwirtschaftssektor (Frau So Sreymom, Deputy Director, Department of Planning and Statistics, Ministry of Agriculture, Forestry and Fisheries, Phnom Penh, Kambodscha). Die Vorträge hatten durchweg eine hohe Qualität und wurden intensiv diskutiert. Das Vortrags- und Diskussionsprogramm dauerte eineinhalb Tage.

Vorstellung der Ergebnisse des Workshops

Workshop zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in ländlichen Räumen

Am Nachmittag des 14. April leitete Magel als eigenständigen zweiten Teil der Konferenz einen Workshop mit allen Teilnehmern zum Thema „Bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen in den ländlichen Räumen“. Angewandt wurde die bewährte Fadenkreuzmethode, die ergiebige Ergebnisse brachte. Die Ergebnisse des Workshops sind am BFL Qingzhou dokumentiert. Es stellte sich wenig überraschend heraus, dass es einerseits viele gemeinsame Probleme gibt – etwa Landflucht, Überalterung, ungenutzte Gebäude, Mangel an Infrastruktur und Gesundheitsversorgung –, aber andererseits auch erhebliche Unterschiede im gewollten oder geplanten Umgang mit Dörfern und Landschaften. Dies ist mit Sicherheit ein wichtiges Diskussionsthema für weitere Veranstaltungen. Es geht hier vor allem um den gesellschaftlichen Stellenwert dieser Elemente und den politischen Umgang.

Auch das Ergebnis des Workshops in dieser angenehm überschaubaren Größe (circa 20 hochrangige Teilnehmer) ermutigen zur Fortsetzung. Strategisch und didaktisch gesehen war er eine großartige Gelegenheit für die Teilnehmer, alle gehörten Beiträge der Konferenz reflektiert in den Workshop einzubringen. Interessant war, dass hierbei die in der Keynote vorgestellten Modelle der sogenannten Landentwicklungszwiebel und der auf dem Gegenstromprinzip basierenden Dialogplanung ebenso volle Zustimmung fanden und wichtige Orientierung boten wie das Modell der Daseinsfunktionen.

Umfangreiche Ergebnisse und Inspiration für weitere Zusammenarbeit

Die Ergebnisse der Konferenz können, wie von Magel am Ende zusammengefasst, in sieben Punkten formuliert werden:

1. Es war ein erster Schritt zu einer gemeinsamen Diskussion über Entwicklung ländlicher Räume in Asien. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn noch mehr Nachbarländer Chinas an der Konferenz teilgenommen hätten, aber es war ein vielversprechender Start zu einem Dialog.

2. Die beteiligten Länder haben ähnliche Probleme und arbeiten daran, sie zu lösen. Es wurde deutlich, dass weiter gemeinsame Lösungen, Strategien und Maßnahmen diskutiert werden sollten, mit der Absicht, ländliche Räume zu stärken. Denn ländliche Räume als Räume zum Leben, Arbeiten und zur Erholung dürfen nicht aufgegeben werden. Jedes Land braucht vitale Städte, aber auch vitale ländliche Räume.

3. Es gibt viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern in Bezug auf Eigentumsstruktur, Politiken zur Entwicklung ländlicher Räume und Entwicklungsstrategien. Alle nützlichen Strategien müssen individuell auf die einzelnen Länder angepasst werden. Einfaches Kopieren ist nicht möglich. Eine der wichtigsten länderübergreifenden Strategien ist aber eine Diversifikation ländlicher Einkommensmöglichkeiten. Eine zentrale Rolle spielen hier mit Sicherheit kleine und mittlere Unternehmen. Die Förderung und Gründung solcher Unternehmen ist notwendig. Länderübergreifend müssen, vor dem Hintergrund des Klimawandels und Naturgefahren, nachhaltige Strategien entwickelt werden. Der Klimawandel wird ländliche Gebiete und Landnutzung besonders beeinflussen.

4. In allen Ländern der Region sind mehr Good Governance und Partizipation notwendig. „Bottom-Up“-Prozesse müssen implementiert werden. Diese müssen und sollen in einem Zusammenhang mit „Top-Down“-Prozessen stehen. In Europa wird dies als Gegenstrom- Prinzip bezeichnet. Es stellt sich dabei die Frage, wie die Bürger zur Partizipation aktiviert werden sollen. Das zentrale Element hier ist mit Sicherheit „Capacity Building“. Dieses muss auch (lokale) Regierungen und Verantwortliche in den Gemeinden in Bezug auf moderne Methoden wie zum Beispiel Dialogplanung und Konfliktlösungsstrategien mit einbeziehen.

5. Es geht immer um Menschen, Orte und Politik. Menschen leben auf dem Land und nutzen es. Orte sind Regionen, Gemeinden und Dörfer, in denen die Menschen leben und das Land für Gebäude, Infrastruktur, Landwirtschaft und Fischerei, aber auch zur Erholung und Tourismus nutzen. Die Politik ist in der Verantwortung, gesetzliche und institutionelle Rahmenbedingungen zu schaffen und zu garantieren, damit die Bevölkerung Möglichkeiten für nachhaltige Einkommens- und Lebensbedingungen sowie Landnutzung hat. Ein wichtiges Ergebnis der Konferenz und noch mehr des Workshops war, dass mehr politischer Rückhalt für die Entwicklung ländlicher Räume notwendig ist. Nichtregierungsorganisationen (NRO) können hier einen wichtigen Beitrag im Rahmen eines gesetzlichen Rahmens leisten. NRO dürfen ihre Macht aber nicht missbrauchen, um gegen den Staat zu arbeiten.

6. Schlüsselfaktor für eine ländliche Entwicklung ist ein umfassendes Landmanagement mit den Kernelementen Landrechte, Flurneuordnung und Dorferneuerung. Landmanagement benötigt einen mehrdimensionalen Ansatz. Verschiedene (Umsetzungs-) Instrumente werden benötigt. Diese müssen klar definiert und beschrieben sein. Die einzelnen Länder sollten staatlich geleitete Flurneuordnungsverfahren studieren und analysieren, um vertrauensvolle Lösungen zu erhalten. Sowohl zentralstaatlich geleitete wie auch Programme auf Provinz- oder lokaler Ebene sind möglich. Universitäten und andere Forschungseinrichtungen sind eingeladen, mehr im Bereich Theorie und Methodenwissen zu forschen und zu arbeiten. Dies bedingt auch mehr wissenschaftlichen Austausch in diesen Bereichen.

7. Der im Rahmen dieser Konferenz gestartete Prozess soll fortgeführt werden, da er inspirierende Ideen und Hoffnungen für die Entwicklung ländlicher Räume bringt und ein Forum zum Erfahrungsaustausch bietet. Motivation für die Entwicklung ländlicher Räume in Zeiten fortschreitender Urbanisierung kann hier gefördert werden. Internationale Konferenzen, die Nachbarländer mit ähnlichen Interessen in Bezug auf strukturelle Entwicklung, Beeinflussung und Erhalt natürlicher Grundlagen und Auswirkungen des Klimawandels zusammenbringen, sind eine gute Arbeitsgrundlage.

Autor: Dr. Michael Klaus