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Berufsschullehrerbildung – Gelingensfaktor für Made in China 2025 und Industrie 4.0

Während der Education Plus Messe vom 13. bis 14. Oktober 2016 in Nanjing diskutierten Bildungsexperten im Panel der Hanns-Seidel-Stiftung über die Anforderungen einer digitalen industriellen Entwicklung an die Berufsschullehrerbildung. Zentrale Themen waren Kompetenzen und Fertigkeiten, die benötigt werden, um den Konzepten „Made in China 2025“ und „Industrie 4.0“ gerecht zu werden.

Im schulorientierten Berufsbildungssystem Chinas nehmen Lehrer eine zentrale Rolle ein. Anders als in Deutschland findet der Großteil der beruflichen Ausbildung in den Schulen statt. Von den chinesischen Lehrern wird erwartet, dass sie in der Lage sind, sowohl praktische als auch theoretische Kenntnisse an Auszubildende zu vermitteln. Nach dem Moderator, Projektmanager der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) Janne Leino, stellt dies eine große Herausforderung sowohl für die Universitäten, die die zukünftigen Lehrer ausbilden sollen, als auch für die Berufsschulen, die die Lehrer einstellen, dar. Universitäten und berufliche Schulen müssen sicherstellen können, dass Junglehrer sowohl über praktisches als auch theoretisches Wissen über die neuen technologischen Herausforderungen verfügen. Letztendlich sind auch Unternehmen als Arbeitgeber betroffen, da sie die Auszubildenden einstellen, die im schulzentrierten ausgebildet wurden. Die zentrale Frage lautet, wie garantiert werden kann, dass Unternehmen angesichts der rasanten Veränderungen in der industriellen Landschaft mit den benötigten Fachkräften versorgt werden.

Vertreter von Bosch, NIIT und HSS im Gespräch

Unternehmen müssen einbezogen werden

Nach Aussage von Frau Prof. Dai Qingyun, Vizepräsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaften Guangdong (Guangdong Polytechnic Normal University), hat der chinesische Staat dieses Problem erkannt und bereits erste Maßnahmen in der beruflichen Lehrerbildung getroffen. So wurden im Rahmen einer Neustrukturierung der akademischen Lehrerbildung fünf Hochschulen für angewandte Wissenschaften in China geschaffen, die sich auf die grundständige Berufsschullehrerbildung konzentrieren. Hierbei nehmen neben fachlichen Kompetenzen auch pädagogische Fähigkeiten und Fertigkeiten einen Schwerpunkt ein. Eine Schwachstelle ist jedoch, dass Unternehmen stärker in diesem Prozess einbezogen werden müssten.

Für Unternehmen sei es vor allem wichtig, dass Auszubildende im theorielastigen Bildungssystem Chinas auch lernen, wie sie theoretisches Wissen praktisch umsetzen können, betonte Frau Rui Hongyuan, Ausbildungsleiterin von Bosch Automotive. Laut Rui müsste der praktische Teil der Ausbildung enger mit Unternehmen koordiniert werden. Es sei wichtig, dass die praktischen Fertigkeiten, die die Auszubildenden während eines Praktikums an einem Unternehmen erworben haben, im nächsten Schritt an den Schulen mit theoretischen und praktischen Wissen vertieft werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Schulen und Unternehmen aneinander vorbei qualifizieren.

Die von Rui vorgebrachten Punkte werden in der Ausbildung am Institut für Industrietechnologie Nanjing (Nanjing Institute of Industry Technology (NIIT)) bereits umgesetzt, wobei sich die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Bosch Automotive als erfolgreich erwiesen hat. Gemäß dem Leiter der Abteilung für Maschinenbau, Herrn Wang Xiaoyong, hat die Berufsschule ein internes Lehrerweiterbildungskonzept etabliert, in dem Lehrer für mehrere Wochen an Kooperationsunternehmen entsandt werden, um gemeinsam mit den Unternehmen Ausbildungskonzepte zu entwickeln.

Teilnehmer diskutieren Herausforderungen und Lösungsansätze

Neue Methoden verändern die Rahmenbedingungen

Sowohl Herr Liu Bangxiang von Festo Didactic als auch Frau Dr. Hannelore Kress von Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BiBB) betonten, dass praktische und theoretische Kenntnisse Hand in Hand gehen. Ein ausgezeichneter Theorielehrer ist nicht unbedingt ein guter Fachlehrer und ein ausgezeichneter Fachlehrer ist ebenso nicht unbedingt ein guter Theorielehrer. Nach Dr. Kress bieten vor allem neue Lehr- und Lernmethoden auch gute Möglichkeiten zum Selbstlernen. Durch moderne Technologien verschwinden zudem traditionelle Grenzen zwischen Lehrenden und Lernenden. Während ein Meister noch im Handbuch nach Lösungen sucht, hat sein Auszubildender das Problem schon mit Hilfe seines Smartphones gelöst.

Die gegenwärtige Entwicklung in der Industrie stellt die berufliche Ausbildung sowohl in Deutschland als auch in China vor neue Herausforderungen. Durch die zunehmende industrielle Vernetzung sind die beiden Exportmeister stärker als je zuvor miteinander verbunden. Im Rahmen ihres Engagements in China plant die HSS in Zusammenarbeit mit deutschen und chinesischen Partnerinstitutionen die Gründung einer Allianz für berufliche Lehrerbildung. Die Aufgabe der Allianz ist die Entwicklung und Verbreitung von gemeinsamen Lösungsansätzen, um zukünftige Lehrer und Ausbilder für die Herausforderungen der Industrie 4.0 beziehungsweise der Strategie „Made in China 2025“ zu wappnen.

Autoren: Janne Leino und Johanna Hintermayr