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30 Jahre Partnerschaft zwischen Bayern und Shandong

Anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums der Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und der ostchinesischen Provinz Shandong hielt sich Prof. Ursula Männle, Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Mitte Mai 2017 in der Volksrepublik China auf. Neben Partnergesprächen nahm sie an Konferenzen zur Entwicklung ländlicher Räume und beruflichen Bildung teil.

Ursula Männle mit Xia Jie, Vizepräsidentin des All-Chinesischen Frauenverbandes

Frauen im Fokus der Armutsbekämpfung

Zum Auftakt traf Männle sich am 10. Mai mit Xia Jie, Vizepräsidentin des All-Chinesischen Frauenverbandes (ACFV), einem der wichtigsten Partner der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in China. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand das in diesem Jahr anlaufende gemeinsame Informations- und Fortbildungsprogramm „Frauen und familienorientierte Dienstleistungen“ in der Provinz Gansu im Westen Chinas.

Eingebettet in staatliche Programme der Armutsbekämpfung und die „Belt-and-Road-Initiative“ hat das gemeinsame Projekt die Hilfe zur Selbsthilfe für in Armut lebende Frauen zum Ziel. Die Vermittlung von Berufsqualifikationen soll dazu beitragen, Einkommensmöglichkeiten im Bereich familienorientierter Dienstleistungen zu erschließen. 

Männle unterstrich die Wichtigkeit dieser Form der strukturellen Armutsbekämpfung, die über eine nachhaltige Verbesserung der Lebensumstände hinaus auch zur Stärkung der gesellschaftlichen Position der Frauen beitragen kann. Armutsbekämpfung gehört aktuell zu den Schlüsselaufgaben der chinesischen Regierung, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 moderaten Wohlstand für alle möglich zu machen. Das gemeinsame Programm soll deshalb als Modellprojekt für ähnliche Vorhaben des ACFV in anderen Landesteilen dienen.

Unterzeichnung einer neuen Kooperationsvereinbarung zwischen der HSS und dem Ministerium für Land und Ressourcen

Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Land und Ressourcen

Bei Gesprächen in Jinan, der Hauptstadt Shandongs, mit Vertretern des Ministeriums für Land und Ressourcen (MLR) wurden am folgenden Tag insbesondere Möglichkeiten der Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich Entwicklung ländlicher Räume erörtert. Gemeinsame Aktivitäten umfassen hier sowohl Fort- und Weiterbildungen sowie internationale Konferenzen, als auch durchweg erfolgreich verlaufende Pilotprojekte, deren Ergebnisse zukünftig chinaweit Eingang finden sollen.

Direkt im Anschluss konnte Männle sich beim Besuch einer durch das MLR unterstützten internationalen Konferenz zum Thema ein Bild von der konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit machen. Neben Experten aus neun Ländern waren zur Eröffnung auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sowie Barbara Stamm, Präsidentin des bayerischen Landtags, anwesend. 

Vizegouverneur Wang Shujian ging zu Beginn auf das 1988 gestartete Dorferneuerungsprojekt Nanzhanglou der HSS ein, das heute nicht mehr nur chinesischen Gemeinden, sondern ebenso Kommunen in anderen asiatischen Ländern als Vorbild dienen kann. Entscheidend für den Erfolg ist der regelmäßige, intensive Austausch in der Region, für den die jährlich stattfindende gemeinsame Konferenz den richtigen Rahmen bietet.

Nach den Gesprächen zu Kooperationsmöglichkeiten in der beruflichen Bildung

Unterstützung und Dank der bayerischen Staatsregierung

Nach einem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Partnerschaft zwischen Bayern und Shandong verlieh der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer in einem Grußwort seiner Überzeugung Ausdruck, dass ein Land nur dann prosperieren kann, wenn alle Landesteile an der Entwicklung beteiligt sind. Unter dem Motto „Keine Zukunft ohne Herkunft“ sind gesunde und produktive ländliche Räume notwendig, um weltweit Hunger und Not zurückzudrängen.

In ihrer Eröffnungsrede dankte Männle zunächst dem MLR, dem Zentrum für Flurneuordnung und Rekultivierung und dem Chinesischen Institut für Vermessung und Landesplanung für die Organisation der Konferenz. Die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen im ländlichen Raum ist wichtiges Ziel der Arbeit der HSS weltweit und kann unter Einbeziehung von Umweltschutz und Bürgerbeteiligung einen wichtigen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung leisten.

In der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao traf Männle am Abend Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, der zuvor das von der HSS unterstützte Berufsbildungszentrum in Pingdu besucht hatte, zu einem Gespräch zur aktuellen Lage der deutschen politischen Stiftungen in China. In diesem Zusammenhang kam auch das Engagement der Stiftung im Bereich berufliche Bildung zur Sprache, das laut Müller als Blaupause für ähnliche Projekte etwa in Afrika herangezogen werden kann.

Auf der Konferenz „Made in China 2025 und Industrie 4.0“

Berufliche Bildung im digitalen Zeitalter

Am 12. Mai führte die Vorsitzende zunächst Gespräche mit Vertretern der Bildungskommission Shandong, mit der die HSS nicht nur lokal zusammenarbeitet, sondern auch gemeinsam einen Beitrag zum Wissenstransfer in westchinesische Provinzen leistet. Zur Sprache kamen hier anstehende Reformen wie die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung, die Verbesserung des Qualitätsmanagements und die große Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen.

Zur Eröffnung des anschließenden internationalen Berufsbildungsforums zum Thema „Made in China 2025 und Industrie 4.0 – Chancen und Herausforderungen für die Berufsbildung“ unterstrich Yang Yufei, Vizeparteisekretär des Bezirks Huangdao, die Entschlossenheit Shandongs, in den nächsten Jahren zu einem landesweiten Zentrum innovativer Entwicklung aufzusteigen. Teil der Strategie ist die aktive Beteiligung an der aktuellen Kampagne des Bildungsministeriums, die Internationalisierung der Bildung stärker voranzutreiben. Dabei soll auch die umfassende Partnerschaft mit Bayern weiter ausgebaut werden.

Männle betonte in ihrer Grußrede den Gesamtzusammenhang, in dem das Engagement der HSS im Bereich berufliche Bildung steht. Dieses ist eng verknüpft mit den Aktivitäten der Stiftung zu Entwicklung ländlicher Räume, Gesellschaftspolitik und Recht, die in Kombination ein breites Spektrum an konkreten Beiträgen zur Entwicklung des Einzelnen und damit zur weiteren Entwicklung des Landes leisten. 

Partnergespräche in Qingdao und Shanghai

Ein Gespräch mit Frau Prof. Chen Junfei, Leiterin der Deutschabteilung der Universität Qingdao, bildete den Abschluss des Aufenthalts von Männle in Shandong. Hier wurden Entwicklungen und Herausforderungen des Lehrstuhls für interkulturelle Germanistik thematisiert, der mit Unterstützung der HSS in den 1990er Jahren aufgebaut worden war.

Am letzten Tag der Reise standen Termine in Shanghai auf dem Programm. Neben einem Gespräch mit dem deutschen Generalkonsul Peter Rothen kam Männle mit Herrn Guo Weilu, Vizeleiter der Bildungskommission Shanghai, zusammen, um die Bedingungen der zukünftigen Zusammenarbeit im Rahmen der neuen NGO-Gesetzgebung zu erörtern, die nicht nur für die HSS, sondern auch für ihre Partner neue Rechte und Pflichten mit sich bringt.

Autoren: Alexander Birle und Jonas Rasch