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Bildungskooperation erneuert
Chinesische Vizepremierministerin Sun Chunlan in München

Bei einem Besuch der chinesischen Vizepremierministerin unterzeichneten Chinas Bildungsminister, Chen Baosheng, und die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle, einen neuen Rahmenvertrag über die Zusammenarbeit im Bildungswesen.

Der Besuch am 27. Juni 2019 in der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in München sei Zeichen der Wertschätzung der bisherigen Arbeit und Ansporn für die weitere Zusammenarbeit zwischen der Volksrepublik China und der HSS, betonte die Stiftungsvorsitzende, Prof. Ursula Männle. Die Unterzeichnung der Vereinbarung werde die erfolgreiche Zusammenarbeit im Bildungsbereich fortsetzen und vertiefen. Vizepremierministerin Sun Chunlan würdigte die langjährige Arbeit der HSS in China und sicherte die Unterstützung ihrer Regierung für die landesweite Zusammenarbeit zu.

Deutschland und China sind sich ihrer gemeinsamen globalen Verantwortung bewusst

40 Jahre HSS in China

Seit 1979 ist die HSS in China aktiv. Begonnen hatte das Engagement mit der Aufnahme offizieller Beziehungen zur Gesellschaft des Chinesischen Volkes für Freundschaft mit dem Ausland. Die HSS war damit die erste Politische Stiftung in der Volksrepublik. Bildung ist für die Entwicklung einer Gesellschaft essentiell. In diesem Bewusstsein stand der Beginn der HSS-Kooperation mit der damaligen Staatlichen Erziehungskommission. Noch immer ist das chinesische Bildungsministerium der wichtigste Partner der HSS. Das breite Spektrum der Stiftungsarbeit umfasst die Bereiche Bildung mit Schwerpunkt beruflicher Bildung, nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume, Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Recht und Gesellschaftspolitik. Ziel ist die Unterstützung Chinas bei der Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Hierzu dient der Stiftung ein in langjähriger Projektarbeit aufgebautes Netzwerk von fünf Repräsentanzbüros in verschiedenen Teilen Chinas, die sich gegenseitig in ihrer Arbeit für mehr Nachhaltigkeit ergänzen.

Prof. Ursula Männle, Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, und Chen Baosheng, Bildungsminister der VR China, bei der Unterzeichnung der neuen Kooperationsvereinbarung

Förderung eines dualen Ausbildungssystems in China

Die Implementierung des deutschen dualen Ausbildungsmodells, angepasst an chinesische Gegebenheiten, war immer ein Kernanliegen der Stiftungsarbeit in China. Unternehmen und Berufsschulen sollen auch dort enger miteinander zusammenarbeiten. Die Arbeit in diesem Bereich soll auf ausdrücklichen Wunsch von Sun und Chen weiter vertieft werden, um die berufliche Ausbildung praxisbezogener und arbeitsmarktgerechter zu gestalten.

Die HSS orientiert sich in der Zusammenarbeit sowohl an Chinas nationalem Bildungsplan als auch an den konkreten Bedürfnissen und Erfordernissen der jeweiligen regionalen und lokalen Ebenen. Schwerpunkte bilden die Stärkung von Methodik und Didaktik, der Aufbau praxisorientierter Studien- und Bildungsgänge sowie die Förderung von Austausch und Zusammenarbeit im Bereich der höheren und beruflichen Bildung zwischen Deutschland und China. Im Rahmen der chinesischen Bildungsreformen steht die HSS dem Bildungsministerium dabei beratend zur Seite und unterstützt verschiedene Schwerpunktschulen in ganz China. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die HSS-Projektbüros in Shanghai und Gansu.

Ausgehend vom Büro Shanghai gehen seit 2015 im Rahmen des Programms „Chinesische Lehrer in Bayern („CLiB“) chinesische Lehrer für 13 Wochen nach Deutschland und nehmen an Fortbildungen an beruflichen Schulen teil. Diese Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Kultusministerium sowohl mit der Tongji-Universität als auch mit dem Shanghai Technical Institute of Electronics and Information durchgeführt. Das Programm wird weitgehend von den chinesischen Partnern finanziert. Der gewerblich-technische Schwerpunkt wird derzeit u.a. auf den kaufmännischen Bereich ausgeweitet. Ein Programm für die Fortbildung von Schulleitern soll analog dazu aufgebaut werden.

Das in Shanghai und in Shenzhen erprobte CLiB-Programm wird im Jahr 2019 auch auf die Provinz Zhejiang erweitert. Die neue HSS-Vertretung in Zhejiang unterstützt deutsche und chinesische Partnereinrichtungen bei der Programmentwicklung und -Durchführung. Zu den Partnern zählen neben dem Bayerischen Kultusministerium das Bildungsamt der Provinz Zhejiang sowie eine der renommiertesten technischen Universitäten Chinas, die TU Zhejiang.

 

Bildungstransfer in Zeiten des demografischen Wandels

Sun hob das für China wertvolle Engagement der Stiftung im Osten, aber auch im strukturschwachen Westen des Landes hervor. Der Bildungstransfer in strukturschwache Regionen West- und Mittelchinas trägt zur Chancengerechtigkeit und zum Abbau regionaler Gefälle bei. Mit diesem Ziel arbeitet das Projektbüro Gansu bereits seit einigen Jahren in den Bereichen KFZ und Elektromobilität, Mechatronik mit Meister- und Technikerausbildung sowie Elektrotechnik, erneuerbare Energien und Brauwesen.

 

In der neuen Kooperationsvereinbarung wurde nun festgehalten, dass auch die Ausbildung im Bereich Altenpflege zu einem neuen Arbeitsschwerpunkt ausgebaut werden soll. Die Erhöhung der Lebenserwartung und rückläufige Geburtenraten beschleunigen die gesellschaftliche Alterung in nie gekannter Weise. Bereits heute gibt es zu wenige gut ausgebildete Altenpfleger und entsprechend großen Reformbedarf. Im Sinne eines würdigen Alterns wird die HSS in China künftig im Bereich der Pflege noch stärker fachlich beratend begleiten, nicht zuletzt auch im strukturschwachen Westen ausgehend vom Projektbüro Gansu in Jiuquan. Durch die Errichtung von Schulzentren mit einer hohen fachlichen Kompetenz soll allgemein

Unterstützung der Revitalisierungs- und Green Development Strategien

Ein weiterer zentraler Arbeitsschwerpunkt der HSS ist die Förderung der integrierten nachhaltigen Entwicklung ländlicher Räume und der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Um verlorene Vitalität zurückzugewinnen, braucht der ländliche Raum eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur inklusive Industrie- und Dienstleistungssektor. Bildung stellt in dieser Revitalisierungsstrategie einen entscheidenden Schlüssel dar. Hier spielt der langjährige Partner, das Berufsbildungszentrum Pingdu, eine zentrale Rolle, in dem es die Jugend auf Berufe und Berufstätigkeit im ländlichen Raum vorbereitet.

Dazu wurde das „Pingduer Modell“ der dualen Berufsausbildung entwickelt, das 2018 mit dem Sonderpreis des Staatsrates für Bildung ausgezeichnet wurde. Im Sinne einer weiteren Vertiefung und Internationalisierung der berufsbildenden Arbeit der HSS wurden auch trilaterale Kooperationen in der Vereinbarung mit dem Bildungsministerium verankert. In diesem Rahmen bildet Pingdu auch Berufsschullehrer aus anderen Ländern, u.a. aus Südostasien weiter.

Sun Chunlan, Vizepremierministerin der VR China, lobt das große Spektrum der Kooperation der HSS in China mit Schwerpunkt Berufsbildung

Bildung für nachhaltige Entwicklung

In den letzten Jahren legt China viel mehr Wert auf ökologische Nachhaltigkeit. Unter Einbeziehung politischer Entscheidungsträger der chinesischen Bildungs- und Umweltministerien und in enger Zusammenarbeit mit der UN fördert die im Jahr 2019 gegründete HSS Vertretung in Zhejiang (Stadt Hangzhou) die Implementierung von „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) im chinesischen Bildungssystem, von der frühkindlichen bis hin zur beruflichen Bildung. Hierzu werden deutsche und internationale Erfahrungen in die Projekt- und Beratungstätigkeit eingebracht. An Grundschulen in der Provinz Zhejiang zum Beispiel arbeitet die HSS in einem Modellprojekt an der Einführung neuer Lehrpläne, die den Nachhaltigkeitsgedanken fächerübergreifend im Unterricht sowie in extracurricularen Aktivitäten verankern. Das Ziel von BNE ist die Ausbildung künftiger Führungskräfte, die in der Lage sind, komplexe Probleme zu lösen, analytisch zu denken und innovativ zu handeln.

 

Als Anerkennung der bisherigen Arbeit hat die Universität der Vereinten Nationen die Provinz Zhejiang als Standort für ein in Zusammenarbeit mit der HSS betriebenes BNE-Zentrum ausgesucht, das auf breite Resonanz sowohl innerhalb als auch außerhalb von China stößt. Die HSS ist Gründungsmitglied und Impulsgeber dieses neu entstandenen „Regional Centre of Expertise for Education for Sustainable Development Hangzhou.“

 

Ein Transfer des neu generierten Wissens findet zum Beispiel in der Provinz Sichuan statt, wo in einem Pilotprojekt die beiden Arbeitsbereiche „BNE“ und „integrierte Entwicklung ländlicher Räume“ miteinander verzahnt werden. Ziel hierbei ist, dass über schulische und außerschulische Aktivitäten Lehrer, Schüler und Eltern in den gesellschaftlichen Reformprozess zur Gestaltung des ländlichen Raumes integriert werden.

Koordinierte Bildungszusammenarbeit

Das Projektbüro Peking koordiniert den Informationsfluss und den Dialog zwischen den einzelnen HSS-Projektbüros und dem Bildungsministerium. Kooperationen mit renommierten Universitäten und Einrichtungen wie der Zentralen Parteihochschule, der Freundschaftsgesellschaft oder dem Frauenverband fördern den Wissenstransfer zwischen China und Deutschland zu einer großen Bandbreite gesellschaftspolitisch relevanter Themen. Im Austausch können Lösungsansätze erarbeitet werden, die China als Anschauungsbeispiele zur sozialverträglichen Bewältigung von Herausforderungen im Rahmen gesellschaftlicher Transformationsprozesse dienen, etwa im Bereich des wirtschaftlichen Strukturwandels. Im Kooperationsabkommen wurde auch die langjährige Stipendienförderung der HSS in Zusammenarbeit mit dem China Scholarship Council, die talentierten chinesischen Nachwuchsakademikern die Möglichkeit zu einem Studienaufenthalt in Deutschland gibt, neu verankert.

Wahrnehmung globaler Verantwortung

Das zwischen Männle und Chen unterzeichnete Abkommen bildet das Fundament für Fortschreibung und Vertiefung der bisherigen Zusammenarbeit im Bildungsbereich. Männle unterstrich die große Bedeutung der deutsch-chinesischen Beziehungen: „China ist Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner, die Kontakte in Wissenschaft, Kultur und Politik sind enger als je zuvor. Gerade in Zeiten zunehmender globaler Unsicherheiten stehen beide Länder gemeinsam in der Verantwortung, im gegenseitigen Respekt nachhaltige Lösungsansätze für die globalen Herausforderungen zu entwickeln. Die Welt schaut auf China und Deutschland. Lassen Sie uns unsere globale Verantwortung gemeinsam wahrnehmen!“